Donnerstag, 29. April 2010

Frankreich und Deutschland - die Freundschaft kriselt

Die französische Wirtschaftsministerin Lagarde hatte den Anfang gemacht. Sie kritisierte das deutsche Wirtschaftsmodell, das vor allem auf Exporten beruht, ebenso wie angeblich zu niedrige Tarifgehälter. Die Deutschland-Beschimpfung scheint derzeit in Frankreich in Mode zu sein, wie ein Artikel in der heutigen ZEIT auflistet. Dabei geraten die Fakten offenbar aus dem Blickfeld. So liegt Deutschland beispielsweise bei den durchschnittlichen Lohnkosten noch immer weit über dem EU-Durchschnitt, wenn auch hinter Frankreich.  Außerdem werden die Gehälter in Deutschland nicht von oben verordnet, sondern in Tarifverhandlungen festgelegt. Während der Krise haben die deutschen Gewerkschaften zurückgehalten, um Stellenstreichnungen zu vermeiden. Und die Forderung nach "mehr Konsum" in Deutschland hat sich gerade in Griechenland, Portugal und Spanien als gefährlicher Irrweg entpuppt.

Samstag, 24. April 2010

Pariser Zeitungsmacher in Berlin

Wie groß die französische Community in Berlin mittlerweile ist, weiß niemand so genau. Zwischen 10 000 und 30 000 Franzosen sollen nach Schätzung in der Stadt leben. Sie sind die Leserschaft, um die gleich drei französischsprachige Medien werben. In dieser Woche berichtete die Taz über die Arbeit des Magazins ParisBerlin, des Veranstaltungsmagazins BerlinPoche und der Zeitschrift Gazette de Berlin, die bislang im Zweimonatsrhytmus auf Papier erschien und nun nur noch im Internet.

Donnerstag, 22. April 2010

Strickopathen in Paris

Wer meint, dass Stricknadeln allenfalls zu gemütlichen Großmütterchen passen, wird gerade in Paris eines Besseren belehrt. Die "Strickopathinnen", drei Dreißigjährige Künstlerinnen, die sich als "Psychopathinnen des Strickens" ausgeben, gestalten Straßenkunst aus Maschen. Die drei Pariserinnen hatten sich im Internet getroffen und das "Collectif France tricot" begründet, das regelmäßig zu Flashmobs oder Salons mit Nadeln und Wolle aufruft. Die Pionierin der französischen Strickszene lebt jedoch in Berlin. Die Sängerin und Multikünstlerin Francoise Cactus hatte 2005 mit der Strickpuppe Wollita, die sie auf einer Ausstellung vorstellte, die lokale Boulevardpresse in höchste Erregung versetzt. Die BZ schrieb von einem "Skandal". Wollita ist seither Kult. Vive la maille!

Samstag, 17. April 2010

Die Bobos und ihre Zeichnerin: Claire Bretécher wird 70!

70 Kerzen pustet heute Claire Bretécher auf ihrer Geburtstagstorte aus, die bekannte Comiczeichnerin, die Figuren wie "Les frustrées" oder Aggripina erfunden hat. Sie gilt als treffsichere Beobachterin der Bobos, der von  den 68er Jahren bewegten arrivierten Mittelklasse. Hier ihre Bibliographie.
1963 beginnt sie ihre Karriere bei René Goscini, dem Asterix-Erfinder, arbeitet einige Jahre an Tintin-Produktionen mit und weiteren Gemeinschaftsprojekten. 1973 beginnt sie ihre Erfolgsserie "Die Frustrierten", die im Nouvel Observateur und im Eigenverlag als Buchserien entstehen. Damit hat sie ihren ganz eigenen wiederkennbaren zeichnerischen Stil gefunden, bringt jedoch das Leben der Bobos auch sprachlich in ihren witzigen und manchmal absurden Dialogen auf den Punkt. Die Beobachtungen bringen ihr schließlich auch den Titel der "Soziologin des Jahres" ein und die Verfilmung des Lebens ihrer Comicfigur "Aggripina" den heimlichen Titel als französischer Woody Allen. René ReGoscinnyRRené GoscinnyRené Goscinnyené Goscinny

Freitag, 16. April 2010

Verschuldete Tageszeitung Le Monde - Rettung durch Heuschrecke?

Das renommierte französische Blatt "Le Monde" ist hoch verschuldet und kann möglicherweise nur durch den Einstieg von Finanzinvestoren überleben. Damit könnte es auch um die Unabhängigkeit der 1944 gegründeten Zeitung geschehen sein. Seit ihrer Gründung vor 66 Jahren halten die Redakteure, Mitarbeiter der Zeitung und Lesergesellschaften die Mehrheit. Doch weder der Verkauf des Stammgebäudes vor einigen Jahren, noch Sparprogramme konnten die wirtschaftliche Lage stabilisieren.
Nun verhandelt die Geschäftsführung mit der spanischen Prisa-Gruppe (El Pais) und dem italienischen Espresso-Konzern (Repubblica) um eine Aufstockung von deren Anteilen. Allerdings sind die Mitarbeiter dann nur noch Minderheitsgesellschafter. Umstritten ist die Lösung außerdem, weil Prisa gerade mehrheitlich von dem amerikanischen Investmentfonds Liberty übernommen wurde. Zudem hat der Prisa-Chef Cebrian bereits in einem Interview angekündigt, dass die "Unternehmensführung" bei Le Monde verändert werden müsse. Deshalb könnten die Redakteure und sonstigen Mitarbeiter ihr Veto einlegen, allerdings hat das Blatt wegen der hohen Schulden nicht viele andere Optionen. In der Gruppe meutern außerdem die Redakteure von Télérama, der beliebten Fernsehzeitschrift, die zur Gruppe Le Monde gehört. Sie beklagen, schon seit Jahren als "Sparschwein" für die Tageszeitung herhalten zu müssen. Die Redakteure wollen ihr Blatt am liebsten von Le Monde abnabeln.

Donnerstag, 15. April 2010

Ursula Bretzel - die Parodie der Parodie

Nach Helmut Fritz kommt Ursula Bretzel, die Parodie der Parodie: Hier der Clip . Statt "Ca m´énerve" wie der falsche Deutsche, singt sie zur gleichen Melodie "Ca m´exite", die vertonte Geschichte der "amerikanischen Austauschschülerin", die in die Villa in Cannes zur Drogenpartie geladen wird, Champagner schlürft und Brad Pitt verfolgt. Mindestens ebenso witzig wie der nicht ganz echte Norddeutsche...
Auch der berühmte "clip qui déchire" hat einen Nachfolger: Hier.
Danke am meinen Leser Thomas für die Entdeckung von Ursula Bretzel!

Donnerstag, 1. April 2010

Madame Lagarde bei Madame Merkel & Co.

Erstmalig hat mit Finanzministerin Christine Lagarde ein Mitglied der französischen Regierung bei der Kabinettssitzung in Berlin assistiert. Im Anschluss lobte sie die "Qualität des Dialogs zwischen den Ministern" und die "moderierende Rolle der Kanzlerin". Diskutiert wurde über die geplante Bankenabgabe und Arbeitsmarktpolitik. Kritische Themen, wie Lagardes Kritik an der florierenden deutschen Exportwirtschaft wurden ausgespart. Diese Äußerungen offenbaren allerdings ein seltsames politisches Denken, wenn Deutschland die "Schotten dicht macht" und Exporte stoppt, wäre Europa wohl kaum gedient.